Warum Schichtarbeit auf die Gesundheit geht


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Arbeiten in Schichtmodellen gehört für viele Menschen in Hamburg zum Alltag. Damit einher gehen akute Probleme und langfristige Risiken gesundheitlicher Natur. Einiges hiervon ist unabwendbar. Dennoch lässt sich ein solcher Lebenswandel etwas gesünder gestalten. Wie es gehen kann, zeigen wir jetzt.

Übrigens: Ausschließliche Nachtarbeiter können hier ebenfalls etwas mitnehmen.

Schichtarbeit ist nicht gleich Schichtarbeit, sondern wird in unterschiedlichen Modellen praktiziert. Stets bedeuten sie Arbeit zu unregelmäßigen, da andauernd wechselnden Zeiten; meistens auch nachts.

Das kollidiert mit der menschlichen Natur.

  • Einerseits ist der Mensch biologisch bedingt ein Gewohnheitstier. Er benötigt also möglichst umfangreiche feste Abläufe.
  • Andererseits sind verschiedene Körperfunktionen stark mit Tageszeiten, speziell Tag-Nacht-Wechseln verbunden.

Schichtarbeit, insbesondere solche, bei der im Wechsel rund um die Uhr gearbeitet wird, bringt die biologische Uhr vollkommen aus dem Gleichgewicht. Da viele Schichtmodelle es erfordern, nach einigen Tagen zu anderen Zeiten zu arbeiten, wird zudem das Einpendeln einer neuen Routine verhindert.

Besonders gravierend ist das in Modellen, in denen gegen die Uhr rotiert wird. Wo also beispielsweise auf eine Nacht- eine Spätschicht folgt – keine Frühschicht. Und generell ist Nachtarbeit besonders belastend, da sie der inneren Uhr zuwiderläuft. Fachleute sprechen von den sogenannten circadianen Rhythmen.

Wird der Mensch dauernd aus seinem Takt geworfen, entstehen kurz- oder langfristige gesundheitliche Auswirkungen und Gefahren. Einige typische Beispiele:

  • Kardiovaskuläre Probleme
  • Müdigkeit bzw. Erschöpfung
  • Niedergeschlagenheit
  • Schlafstörungen
  • Skelettalmuskuläre Schmerzen
  • Verdauungsstörungen

Mehrere umfassende Studien befassen sich schon seit Jahrzehnten mit diesen Gesundheitsstörungen sowie davon ausgehenden langfristigen Risiken. So gilt es beispielsweise als erwiesen, dass regelmäßige Nachtschichtarbeiter im Schnitt mehrere Jahre früher sterben als Menschen, die ausschließlich tagsüber arbeiten.

Bei Frauen kommen zudem Menstruationsstörungen hinzu, einige Studien sehen sogar eine erhöhte Fehlgeburtenrate – aus diesem Grund verbietet § 5 des Mutterschutzgesetzes Nachtarbeit von Schwangeren.

Unterm Strich: Schichtarbeit ist eine enorme Belastung für Körper und Seele. Allerdings haben Schichtarbeiter einige Hebel, die sie für sich betätigen können.

Um vorwärts rotierende Schichten bitten

Keine Schichtarbeit ist gesund. Rückwärts gegen die Uhr rotierende Modelle sind jedoch besonders kritisch. Wer mit solchen Modellen arbeiten muss, sollte unbedingt versuchen, den Arbeitgeber von einer Änderung zu überzeugen.

Das wichtigste Argument dafür ist

  • verbesserte Gesundheit,
  • höhere Leistungsfähigkeit und
  • dadurch bessere Arbeitsergebnisse sowie
  • weniger Krankenstände.

Unterstützung sollte man sich durch die Arbeitnehmervertretung holen.

Die innere Uhr auf Schichtwechsel vorbereiten

Wer in vollkontinuierlicher Wechselschicht arbeitet, der ändert häufig alle zwei Schichten die Arbeitszeit. Vorwärts rotierende Schichten sind hierbei nicht zuletzt deshalb besser, weil sie es gestatten, dem Körper mehr Zeit zu geben, um sich auf den Wechsel vorzubereiten – mehr Zeit ist automatisch (etwas) mehr Routine. Die wichtigsten Bausteine hierzu:

  • Am letzten Arbeitstag einer Schicht sollte man später als gewöhnlich schlafen gehen. Das hilft der inneren Uhr dabei, sich auf die kommenden Tage einzustellen – an denen es nötig ist, später leistungsfähig zu sein und es länger zu bleiben als in der zurückliegenden Schicht.
  • Am Ende eines Blocks aus Schicht- und freien Tagen sollte der Wecker bereits am letzten freien Tag etwas früher klingeln, damit der Körper am Folgetag (meist eine Frühschicht) besser vorbereitet ist.
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Den Melatonin-Haushalt gezielt lenken

Das Hormon Melatonin steuert unseren Schlaf-Wach-Rhythmus. Wird es ausgeschüttet, leitet es die Schlafphase ein; wir werden müde. Zu einem großen Teil hängt das mit der Intensität und Farbe desjenigen Lichts ab, das in die Augen dringt:

  • Helles, eher weißes Licht herrscht am Tag, dadurch wird die Ausschüttung unterbunden.
  • Dunkleres, bernsteinfarbenes Licht herrscht gegen Abend, dies kurbelt die Ausschüttung an.

Um Wachheit bzw. Müdigkeit zu lenken, helfen vor allem dunkle Sonnenbrillen sowie das bläuliche Licht von digitalen Displays sowie sogenannte Tageslichtduschen – spezielle Leuchten.

Neuerdings existieren zudem Melatonin-Präparate. Sie können ebenfalls helfen, sollten jedoch mit Bedacht und ärztlicher Rücksprache angewandt werden.

Bewegung in den Alltag bringen

Die Verdauung sowie die Verwertung und Einlagerung von Nährstoffen lässt sich kaum durch angepassten Schlaf justieren. Gleichsam ist es durch die Anstrengungen der Arbeit und die erwähnte „Lichtsteuerung“ nicht immer möglich, den Körper müde genug zu machen, damit er dann schläft, wenn er es muss.

(Regelmäßiger) Sport ist in diesem Zusammenhang eine zweifache Lösung und deshalb für Schichtarbeiter besonders wichtig. Allerdings haben sie dabei ein veritables Problem: Sehr viele sportliche Angebote haben nur begrenzte Öffnungszeiten, finden nur zu festen Uhrzeiten an bestimmten Tagen statt.

Schichtarbeiter im Fußballverein? Ein seltenes Phänomen. Und wer nicht gerade den gleichen Schichtplan mit jemandem teilt, hat ebenso wenig einen festen Partner, um alternative Sportarten zwischen Joggen und Radfahren durchzuführen.

Tatsächlich gibt es nur eine witterungs- und uhrzeitunabhängige Option in Hamburg – und anderen Städten: 24/7/365 geöffnete Fitnessstudios. Sie bieten eine breite Vielfalt an möglichen Sportarten. Nebenbei durchaus willkommene Sozialkontakte, selbst zu ungewöhnlichen Uhrzeiten.

Dazu aber ein guter Rat: Auf den jeweiligen Arbeitsrhythmus bezogen sollte der Gang ins Studio einen festen Termin bekommen, damit er den Charakter eines Rituals erhält.

Vor allem nachts mit viel Augenmaß essen

Wie bereits erwähnt: In Sachen Bio-Rhythmus ist die Nachtschicht die schwierigste Schicht. Das gilt nicht zuletzt in Sachen Essen, Trinken und Verdauung. Selbst in einer Fabrikhalle ohne Fenster weiß der Körper einfach, dass es Nacht ist – und daher keine Zeit, in der er umfangreich verdaut.

Leider wirkt sich das bei den meisten Schichtarbeitern nicht in einem verringerten Hungergefühl aus. Das hängt mit dem allgemein veränderten Hormonspiegel zusammen. Die Folgen:

  • Bei vielen Schichtarbeitern kommen nachts regelrechte Heißhungerattacken.
  • Der Körper signalisiert oft später als üblich Sättigung.
  • Da er weniger verdaut, wird vielfach mehr Fett eingelagert.

Weiter sind die Einkaufsmöglichkeiten für (gesunde) Lebensmittel nachts stark limitiert. Schichtarbeiter greifen daher häufig auf Snack-Automaten oder Schnellrestaurants zurück. Beides verschärft die Probleme.

Zugegeben, dies benötigt viel Disziplin. Aber besonders für die Nachtschicht sollten Schichtarbeiter sich ausnehmend leichte Kost ohne viel Fett und Salz vorbereiten. Nur das gestattet trotz „schlafendem“ Verdauungstrakt eine adäquate Verwertung – dies verbessert zudem den Schlaf in den Morgen- und Mittagsstunden signifikant.

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Daneben sollten Schichtarbeiter unbedingt versuchen, sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Schicht an feste Essenszeiten zu halten. Ähnlich wie bei Tagarbeit gilt dabei: Spätestens zwei Stunden vor dem Zubettgehen sollte gar nichts mehr gegessen und zudem nichts Koffeinhaltiges mehr getrunken werden.

Möglichst nicht mit Alkohol nachhelfen

Zum Ende der Nachtschicht gehört häufig ein Mix zwischen Frühschoppen und Feierabendbier – also einen Drink frühmorgens, wenn bei Tagarbeitern der Wecker klingelt.

Natürlich könnte man an dieser Stelle umfassend über die Risken von Alkoholkonsum schreiben – oder den Kaloriengehalt von Bier. Für Schichtarbeiter sollte jedoch eine andere Wirkung von Alkohol den Ausschlag geben: Augenscheinlich mag er (und bei Bier der Hopfen) müde machen. Tatsächlich wirkt Alkohol jedoch selbst nach dem Einschlafen weiter.

Dann beeinträchtigt er die Tiefschlafphasen. Man schläft zwar, vielleicht sogar sein übliches Pensum. Doch weil das Gehirn nicht so abschalten kann, wie ohne Alkohol, ist der Schlaf längst nicht so erholsam.

Ordentlich Vitamin D tanken

Dieser Tipp betrifft vor allem jene, die aufgrund ihres Schichtmodells für längere Zeit ausschließlich nachts arbeiten – etwa Menschen, bei denen die Schicht nur wochenweise wechselt.

Gerade im Winterhalbjahr bekommen solche Personen rasch ein veritables Problem: Da sie vergleichsweise wenig Sonnenlicht abbekommen, wird ihre Produktion von Vitamin-D massiv gehemmt. Dieses Vitamin wiederum ist wichtig für verschiedene Vorgänge im Körper, unter anderem den Knochenstoffwechsel – der Aufbau von Knochensubstanz sowie die Versorgung der Zellen darin.

Doch was können Schichtarbeiter gegen diesen Mangel tun?

  • So viel Tageslicht wie möglich auf unbedeckter Haut tanken. Der Körper kann Vitamin-D-Reserven über mehrere Monate in Muskel- und Fettgewebe speichern. Das gestattet es, sich im Sommer einen Vorrat aufzubauen.
  • Vitamin-D-reiche Kost in den Speiseplan integrieren, dazu gehören Eier, Milchprodukte sowie fettige Fischsorten – noch ein Grund mehr, sich öfter einen schönen Lachs auf dem Fischmarkt zu besorgen.
  • Tageslichtlampen nutzen, um eine „Lichtdusche“ zu nehmen – deutlich vor der Zubettgehzeit, um den Melatonin-Spiegel nicht durcheinanderzubringen.

Besonders aufpassen müssen dunkelhäutige Schichtarbeiter: Ihre Haut blockt die für die Vitamin-D-Produktion nötige UV-B-Strahlung stärker ab, als es helle Haut tut. Dementsprechend ist hier noch mehr Aufmerksamkeit nötig.

Vorsicht jedoch vor dem Griff zu Präparaten. Diese sind oft stark überdosiert, was mittel- und langfristig den Kalziumspiegel hochtreibt. Die Folge davon sind anders gelagerte Verdauungsprobleme sowie Schädigungen von Nieren und Herz. Wenn Präparate, dann nur nach hausärztlicher Rücksprache.

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