Brokkoli: Neue Forschungsergebnisse zur Vorbeugung von Diabetes


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Als Gemüsepflanze, die zur Familie der Kreuzblütengewächse gehört, besitzt der grüne Brokkoli besondere Inhaltsstoffe. Gesundheitsexperten betonen seit vielen Jahren die positiven Wirkungen der aus Kleinasien stammende Pflanze, deren Konsum vielen Entzündungen und Atemwegserkrankungen vorbeugen soll. Nun belegen Forschungsergebnisse, dass ein Extrakt des Gemüses zur Senkung von Blutzuckerwerten bei übergewichtigen Typ-2-Diabetikern führt.

Brokkoli-Extrakt zur Vorbeugung: Neuer Ansatz gegen Diabetes

Weltweit leiden rund 300 Millionen Menschen an Diabetes. Dauerhaft drohen gesundheitliche Schäden an der Netzhaut oder den Nieren. Für Personen, die aufgrund einer Nierenschwäche das üblicherweise verordnete Medikament Metformin nicht dauerhaft einnehmen können, ist die Krankheit besonders gefährlich. Metformin, ein weit verbreitete Medikament gegen Diabetes, setzen Mediziner vor allem bei der Initialtherapie von Betroffenen ein, die an Typ 2-Diabetes erkrankt sind.

Bei Patienten, die an einer Funktionsstörung der Nieren leiden, erhöht Metformin jedoch z.B. das Risiko für eine Laktatazidose. Außerdem können Patienten, welche das Medikament einnehmen, Nebenwirkungen wie Durchfall oder Übelkeit erfahren. Forscher suchen daher nach Alternativen. Wissenschaftler um Annika Axelsson, die am universitären Diabetes-Zentrum von Lund forscht, und Anders Rosengren, der an der Universität von Göteborg tätig ist, entdeckten einen potentiellen Ersatzstoff für das Medikament.

Die Ergebnisse ihrer jahrelangen Untersuchungen publizierten die schwedischen Forscher nun im Fachmagazin „Science Translational Medicine“. Die Wissenschaftler beschreiben einen Ansatz, durch den ein Inhaltsstoff des Brokkoli in den Fokus der Forschung rückte. Er soll dafür sorgen, dass sich die Glukoseproduktion in den Zellen der Leber reduziert. Durch Einwirkung auf Schlüsselgene soll der im Brokkoli in hoher Dosis enthaltene Stoff gegen Diabetes helfen. Die skandinavischen Forscher belegten diese These durch eine Studie, deren Details kürzlich veröffentlicht wurden.

Erstaunliche Ergebnisse: Tests belegen die Wirkung

Die Wissenschaftler erstellten zunächst eine Signatur aus 50 Genen, die bei der Entwicklung von Diabetes eine Hauptrolle spielen. Die Gensignatur verglichen die Forscher im Anschluss mit 3.852 potentiellen Wirkstoffen, um mögliche chemische Verbindungen zu entdecken, welche die durch Diabetes hervorgerufene Genexpression rückgängig machen. Dabei identifizierten die Forscher Glukoraphan, das in manchem Gemüse enthalten ist, als vielversprechendsten Wirkstoff.

Das Senfölgylkosid kommt in Kreuzblütengewächsen wie Kresse, Radieschen oder Rettich vor. Eine besonders hohe Konzentration an Glukoraphan findet sich im Brokkoli. Die Wissenschaftler nutzten daher ein aus der Pflanze gewonnenes Extrakt, um erste Versuche an Ratten und Mäusen durchzuführen. Zur Erzeugung des Mittels züchteten die Wissenschaftler Brokkolisprösslinge, die letztendlich zu Tabletten verarbeitet wurden. Die Tests mit dem Senfölgylkosid bewiesen, dass sich bei diabetischen Tieren die Genexpression zum Positiven veränderte.

Bei den Versuchen zeigte sich, dass der Blutzuckerspiegel bei den mit Glukoraphan behandelten Tieren um 24 Prozent sank, womit das Extrakt fast an die Wirkung von Metformin heranreichte. „Wir entfernten das Glukoraphan aus unserem Extrakt, wodurch die Wirkung verschwand“, berichten die Forscher. „Wir analysierten außerdem die genetischen Zustand der tierischen Leber“, sagt der Wissenschaftler Anders Rosengren: „Wir sahen, dass sich die 50 Schlüsselgene in die gewünschte Richtung veränderten“, lautet eine Erkenntnis der Forscher.

Hoffnung für Betroffene durch Ausweitung der Untersuchungen

Vorherige Studien belegten, das vom Glukoraphan keine Gefahr für Personen ausgeht. Daher entschieden sich die schwedischen Wissenschaftler rasch, gewonnene Erkenntnisse durch weitere Versuche zu falsifizieren. Sie führten eine klinische Studie durch, an der fast 100 Menschen mit Diabetes-Erkrankung beteiligt waren. Alle Probanden erhielten weiterhin Metformin, allerdings wurde einer gesonderten Gruppe jeden Morgen Glukoraphan gereicht. Bei Patienten, deren Blutzuckerwert trotz einer Behandlung mit Metformin erhöht war, offenbarten sich die stärksten Auswirkungen.

An der Studie beteiligten sich 97 übergewichtige Probanden mit einer Diabetes-Erkrankung, die über einen Zeitraum von 12 Wochen entweder konzentriertes Extrakt aus Brokkolisprossen oder ein wirkungsloses Placebo einnahmen. Nach Abschluss der Phase zeigte sich, dass sich der Blutzuckerwert bei den Personen signifikant verbesserte, die das aus dem Brokkoli gewonnene Glukoraphan konsumierten. Ergebnisse offenbaren, dass diese Probanden einen weitaus niedrigeren Blutzuckerspiegel als die Teilnehmer der Kontrollgruppe aufwiesen.

Durch die Behandlung mit dem Brokkoli-Extrakt sank der sogenannte Nüchternblutzuckerwert. Außerdem wurde Glykohämoglobin HbA1c, der umgangssprachlich als Langzeit-Blutzucker bekannt ist, durch die Gabe von Glukoraphan reduziert. Anders Rosengren glaubt nun, dass sich durch eine „starke Dosierung“ eine „wertvolle Ergänzung zu existierenden Medikationen“ entwickeln könnte. Allerdings warnt der Dozent für Stoffwechselphysiologie, die Krankheit ausschließlich mit Brokkoli zu behandeln.

Von der Studie zum Extrakt: Ausblick auf zukünftige Forschungsbemühungen

Die Ergebnisse der Studie geben Anlass zur Hoffnung. Eine endgültige Empfehlung wollen die Wissenschaftler derzeit nicht aussprechen. In den veröffentlichten Forschungsergebnissen findet sich aber eine Mengenangabe. Menschen müssen täglich fünf Kilogramm Brokkoli konsumieren, um eine angemessene Dosis Glukoraphan einzunehmen. Daher widmen sich die Wissenschaftler nun der Entwicklung von geeigneten Extrakten, die in den nächsten zwei Jahren zur Marktreife gelangen sollen.

In ihrer Ausarbeitung belegen die Forscher aus Schweden, dass das aus dem Brokkoli extrahierte Glukoraphan einen „zentralen Mechanismus des Typ 2-Diabetes“ angeht. Weil das grüne Gemüse ein kalorienarmes Nahrungsmittel ist, entspricht es vielen Diäten, die für Diabetes-Patienten wichtig sind: „Als zweckmäßiges Lebensmittel erreicht es die Patienten schneller als eine Medikation“, glauben die Wissenschaftler, die mehrere Jahre zum Thema forschten.

Die Experten hoffen, dass sich andere Forschungseinrichtungen der Thematik annehmen. Zukünftig könnten weitere Studien den Zusammenhang zwischen Diabetes und dem Wirkstoff belegen. Wichtige Forschungsergebnisse stehen derzeit aus. Sicherheit und Effektivität von aus Röschen des Brokkoli extrahiertem Senfölgylkosid müssen weitere Studien belegen. Die bisherigen Forschungsergebnisse zeigen zumindest, dass eine kombinierte Behandlung aus Metformin und Glukoraphan bereits gegenwärtig sinnvoll wäre.

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